Acht Straßen standen auf der „to-do- Liste“, 10 waren es am Ende der Verkehrsschau und was mich sehr gefreut hat, es wurde mit den Bürgerinnen und Bürger gesprochen, die Ihr Anliegen eingereicht hatten. Die Abklärung, ob ein Handlungsbedarf besteht oder nicht, verläuft immer nach demselben Schema:
- Was bzw. wo ist das Problem?
- Werden hier geltenden Regeln eingehalten?
- Wenn ja,
- ist Gefahr im Verzug oder sind besonders schutzbedürftige Personen betroffen?
- welche Möglichkeiten gibt es das Problem zu lösen?
- Wenn nein,
- welche Möglichkeiten und Mittel hat man den Verkehrsteilnehmer zu sanktionieren?
Um hier urteilen zu können, ist ein unglaubliches Wissen an Verkehrsregeln, Bestimmungen und Vorschriften nötig, die Frau Manuela Winkler vom Landratsamt Heilbronn nach vielen Berufsjahren wie selbstverständlich parat hatte.
- Zwei Verkehrsschaustationen beschäftigten sich mit dem Thema Zebrastreifen:
- In Meimsheim wird in den nächsten Wochen ein Zebrastreifen in der Jahnstraße fertig gestellt.
- In Dürrenzimmern gibt es den Wunsch weitere Überquerungsstellen in der Mönchsbergstraße einzurichten.
Seit 2001 ist bundesweit festgelegt, dass Fußgängerüberwege nur innerorts angelegt werden können und zwar an Stellen mit Höchstgeschwindigkeit 50 km/h, die jeweils nur ein Fahrstreifen je Fahrtrichtung haben und an denen ein beidseitiger Gehweg weiterführt. Außerdem müssen 50 bis 100 Fußgänger in der Spitzenstunde die Fahrbahn queren wollen und ein Fahrzeugaufkommen von 450-600 Fahrzeugen pro Stunde nachgewiesen werden. Fahren mehr Fahrzeuge sind übrigens Ampeln das geeignete Mittel.
Nach diesen Regeln würde es in allen Stadtteilen von Brackenheim sicherlich kein Fußgängerüberweg geben. In Baden Württemberg wurde 2018 zusätzlich ein Leitfaden für Anlagen von Fußgängerüberwegen eingeführt. Dieser besagt, dass bei Straßensituationen, wo weniger als 50 Fußgänger in der Spitzenstunde die Straße queren wollen, ein Überweg dann möglich ist, wenn besonders schutzbedürftige Personen regelmäßig queren. Zu den besonders schutzbedürftigen Personen zählen Kinder sowie mobilitätseingeschränkte Personen. Damit sollen in erster Linie die Schulwege sicherer werden. Die Entscheidung fällt im Einzelfall im Rahmen einer Verkehrsschau. In die Abwägung sind die Themen Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Leichtigkeit des Verkehrs miteinzubeziehen.
In Meimsheim in der Jahnstraße wurde in einer der vergangenen Verkehrsschauen, ein Zebrastraßen veranlasst, damit Schüler die Bushaltestellen gefahrlos erreichen können. In der jetzigen Verkehrsschau wurde die Situation nochmals angeschaut und die letzten Maßnahmen beschlossen, z.B. der Tausch des Schildes „Schule“ in „Schulweg“, da die Schule nicht in unmittelbarer Nähe zur Jahnstraße ist.
In Dürrenzimmern wird es keine weiteren Überwege geben, da die Ampelanlage in Höhe der Grundschule den besonders schutzbedürftigen Menschen eine sichere Überquerung der Straße ermöglicht. Für Menschen, die beim Überqueren den Kindergarten als Ziel haben, wird der „Umweg“ von unter 100 m als angemessen bewertet. Zumal Kindergartenkinder äußerst selten ohne Begleitung unterwegs sind.
- In Hausen wurde der Radweganfang, bzw. das Radwegende in der Neckarstraße begutachtet. Radschutzstreifen, auf den ersten Blick eine gute Möglichkeit Radfahrer sicher auf und durch befahrene Straßen zu führen, bieten aber auch Probleme und Reibungspunkte. Deshalb ist grundsätzlich abzuwägen, ob diese Maßnahme nötig ist oder ob nicht bereits das geltende Recht ausreicht.
Geltendes Recht besagt, dass ein Autofahrer einen Radfahrer innerorts mit einem Abstand von 1,5 Meter und außerorts von 2 Meter überholen muss.
Die Breite des Schutzstreifens beträgt mindestens 1,25 m, die Breite der restlichen Fahrbahn muss aber mindestens 4,50 m sein. Das bedeutet, eine Fahrbahn muss mindestens 7m breit sein, damit ein Schutzstreifen theoretisch realisierbar ist. Hinzu kommt ein neues Gesetz, das besagt, dass HALTEN und PARKEN auf dem Schutzstreifen verboten ist.
Deshalb ist abzuwägen, ob es für Fahrradfahrer nicht besser ist, keinen Schutzstreifen zu erhalten und laut Gesetz mit 1,5 m innerorts und 2 m außerorts überholt zu werden, anstatt alternativ mit einer Breite von 1,25 m auskommen zu müssen und zu hoffen, dass der Autofahrer die 1,5m bzw. 2m einhält und nicht den Schutzstreifen als Überholungsgrenze sieht. Gleichzeitig werden Anwohner und Autofahrer beim Halten und Parken eingeschränkt.
Die Verkehrsschau brachte mir die Erkenntnis, dass parkende Autos einen sehr hohen Stellenwert bei der Beurteilung von Straßensituationen haben. Es ist das Recht des Autos auf der Straße zu stehen, wenn noch eine 3 m breite Fahrbahn zur Verfügung steht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob fahrende Autos ausgebremst werden oder ob es eine große Herausforderung wird, an mehreren parkenden Autos vorbeizufahren ohne mit dem Gegenverkehr zu kollidieren.
Diese Situation empfinden immer mehr Bürgerinnen und Bürger an vielen Durchfahrtsstraße in allen Stadtteilen zunehmend als Belastung und Herausforderung, aber eine Verkehrsschau wird daran nichts ändern.
Nach einem sehr interessanten Tag nehme ich für mich folgendes Fazit mit: Wenn jeder Verkehrsteilnehmer sich der Situation des anderen annehmen und Rücksicht nehmen würde, wäre Allen geholfen.
Eine Fahrkultur der Fairness wäre die beste Lösung. Sind wir nicht am Ende alle einmal als Fußgänger, einmal als Radfahrer und das nächste Mal als Autofahrer oder als Parkplatzsuchender unterwegs!