Heute am 25.06.2020 haben wir im Landtag in erster Lesung den Gesetzentwurf zur Änderung des Naturschutzgesetzes und des Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes behandelt.
Mit diesen Gesetzesänderungen setzen wir bundesweit Standards für mehr Artenvielfalt auf öffentlichen und privaten Flächen sowie in der Landwirtschaft. Gleichzeitig weisen wir die Richtung für eine nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft - gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern!
Von Volksbegehren zu Gesetz – Mehr als nur ein Kompromiss
Ganz klar: Das Volksbegehren "Rettet die Bienen" hat unserer konsequenten Politik für den Naturschutz einen weiteren Schub gegeben. Allerdings war unsere Prämisse von Anfang an der gemeinsame Weg von Naturschutz und Landwirtschaft: Wir brauchen Bauern und Bienen!
Gemeinsam mit den Initiatoren und den Vertreterverbänden haben wir nicht nur einen Kompromiss gefunden, sondern haben die ursprünglichen Ideen des Volksbegehrens sogar noch weiterentwickelt - sachgerecht, ganzheitlich und praxistauglich.
Mit den Gesetzesänderungen bauen wir auf einen Transformationsprozess mit den Zielen
• den Einsatz der Pflanzenschutzmittel bis 2030 um 40 - 50% zu reduzieren und in Natur-schutzgebieten komplett zu unterlassen
• den Anteil der ökologischen Landwirtschaft auf 30 - 40 % zu erhöhen
• 15 % der Landesfläche für einen landesweiten Biotopverbund zur Verfügung zu stellen
Artenschutz geht uns alle an – Was bedeutet das für die Kommunen?
Der Gesetzentwurf, den wir jetzt vorgelegt haben, hat eine deutliche Botschaft: Artenschutz geht uns alle an und ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es gilt nicht nur den Rückgang der Insekten auf dem Land, sondern auch in unseren Städten zu bekämpfen. Das heißt, Biodiversität muss auch in den Städten geschaffen werden.
Ganz gleich ob ländlicher Raum oder urbanes Zentrum, Mitglieder in den Gemeinderats- und Kreistagsfraktionen können ganz wesentlich dazu beitragen, dass diese wichtigen Gesetzesänderungen ihre positive Wirkung auch bei uns vor Ort in unserer Kommune entfaltet.
Folgende Regelungen sieht der Gesetzesentwurf konkret für die kommunale Ebene vor:
• Verbot von Schottergärten
• Eindämmung der Lichtverschmutzung durch Beleuchtung im Außenbereich
• insektenfreundliche Pflege von Garten- und Parkflächen in öffentlicher Hand
• Ausweitung des Biotopverbunds
Und: auch die Kommunen selbst können als Vorbild vorangehen. So ist mit den Regelungen des Gesetzentwurfs der Weg zur pestizidfreien Kommune nicht mehr weit. Auch können Kommunen in ihren Pachtverträgen Nachhaltigkeit und Naturschutz stärker verankern. Kommunen haben auch als Beschafferinnen einen großen Einfluss auf die Nachfrage von nachhaltigen Produkten. Dies gilt auch für Lebensmittel. So können die Kommunen gemeinsam mit dem Land dazu beitragen, dass mehr ökologisch und regional produzierte Produkte auf eine angemessene Nachfrage treffen.
Wir machen uns weiter stark für den Natur- und Artenschutz indem:
Wir die Biodiversität jährlich mit 18 Millionen Euro über das Sonderprogramm Biologische Vielfalt stärken.
Wir flächendeckend Landschaftserhaltungsverbände eingerichtet und die biologisch bewirtschaftete Fläche seit 2011 verdoppelt haben, von 7% auf 14%.
Die Naturschutzverwaltung mit einem Personalschub schlagkräftiger geworden ist und die dem Naturschutz zur Verfügung stehenden Mittel seit 2011 verdreifacht wurden.
Konsequenter Artenschutz geht nur gemeinsam - lasst uns zusammen weiter erfolgreich daran arbeiten!
Fraktion GRÜNE im Landtag von Baden-Württemberg Seite 1
Änderungen im Naturschutzgesetz und im Landwirtschafts- und Landeskulturgesetzes
Die wichtigsten Punkte der Gesetzesänderung sind:
Reduktion der chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel um 40-50 Prozent bis 2030. Das Land verpflichtet sich, hierfür die entsprechenden Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass das Reduktionsziel erreicht werden kann. Dies erfolgt beispielsweise durch die Anschaffung neuer Technik, verstärkte Förderung für den freiwilligen Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und den Ausbau des Integrierten Pflanzenschutzes. Die Reduktionsziele stellen keine einzelbetriebliche Verpflichtung dar.
Ausbau des Anteils der ökologischen Landwirtschaft auf 30-40 Prozent bis 2030. Das Land schafft entsprechende Anreize, damit möglichst viele Betriebe freiwillig umstellen. Entscheidend wird sein, dass die Vermarktung und die Verbraucheraufklärung massiv ausgebaut werden.
Umsetzung des Verbots von Pestiziden in ausgewiesenen Naturschutzgebieten. Ab dem 1. Januar 2022 ist der Einsatz aller Pestizide in Naturschutzgebieten verboten. Ausnahmen sind in Härtefällen, bei Kalamitäten im Wald, zum Schutz der Gesundheit und zur Erhaltung der Schutzgebiete möglich.
Aufbau eines landesweiten Biotopverbunds auf 15 Prozent der Landesfläche bis 2030. Es wird ein Netz von Lebensräumen geschaffen, die miteinander verbunden sind und den Austausch von Tieren und Pflanzen untereinander ermöglichen. Den Kommunen kommt bei der Umsetzung des landesweiten Biotopverbunds eine Schlüsselrolle zu.
Schaffung von Refugialflächen auf 10 Prozent im Offenland. Tiere und Pflanzen brauchen dauerhafte Rückzugs- und Lebensräume auch im Offenland, damit sich die verbleibenden Bestände erholen können. Dazu sollen auf 10 Prozent im Offenland sogenannte Refugialflächen für jede Landnutzungsart geschaffen werden. Diese sollen von den landwirtschaftlichen Betrieben auf freiwilliger Basis geschaffen werden. Ziel ist es, dass auf jedem Betrieb 5 Prozent an biodiversitätssteigernden Maßnahmen umgesetzt werden.
Das Land geht mit gutem Beispiel voran, so sollen landeseigene Pachtflächen beispielsweise vorrangig ökologisch bewirtschaftet werden und die Verpflegung der öffentlichen Hand - auch die landeseigenen Kantinen - einen relevanten zukünftigen Markt für den steigen-den Ökolandbau-sektor in Baden-Württemberg darstellen.
Ausgleichskataster öffentlich machen. Es wird ein landesweit öffentlich zugängliches und zentrales Ausgleichskataster für sämtliche Ausgleichsmaßnahmen geschaffen. Dies schafft Transparenz und Klarheit über die künftigen Ausgleichsmaßnahmen mit Flächenbezug.
Erhalt von Streuobstbeständen. Streuobstbestände ab einer Größe von 1.500 m2werden künftig unter Schutz gestellt. Die Umwandlung solcher Streuobstbestände muss ausgeglichen werden und bedarf vorher einer Genehmigung. Zudem soll die Pflege von Bäumen und des Unterwuchses verbessert werden, um so die für Baden-Württemberg so prägende Nutzungsform auch künftig zu erhalten.
Die gesamte Gesellschaft wird in die Pflicht genommen. Neben der Landwirtschaft werden auch Kommunen und Privatpersonen in die Pflicht genommen, ihren Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt zu leisten. So wird gesetzlich klargestellt, dass Schottergärten keine zulässige Gartennutzung darstellen. Die Lichtverschmutzung durch Beleuchtung im Außenbereich wird reduziert. Garten- und Parkflächen der öffentlichen Hand sollen künftig insektenfreundlich gepflegt werden und der Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel in Privatgärten soll untersagt werden.
Die Eindämmung des Flächenverbrauchs wird als Grundsatz ins Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz aufgenommen.
Dialogprozess einleiten. Um das gegenseitige Verständnis und den Austausch zu verbessern, wird ein Dialogprozess zwischen Landwirtschaft und Naturschutz auf verschiedenen Ebenen eingeleitet. So sollen Gemeinsamkeiten gestärkt und unterschiedliche Interessen respektiert werden.
Die Finanzierung dieser Maßnahmen steht:
Wir haben alles in allem über 60 Millionen EUR für die Umsetzung des Gesetzesvorhabens bereitgestellt.
Hier ein paar Beispiele:
Umsetzung Pakt für Kommunen – Stärkung landesweiter Biotopverbund = insg. 12 Mio. Euro (5 Mio. in 2020 und 7 Mio. in 2021)
Blühwiesen und Blühstreifen = insg. 5 Mio. Euro Investitionsprogramm, mit dem die Kommunen dazu ermuntert werden sollen, auf der eigenen Gemarkung Blüh-wiesen und Blühstreifen einzurichten (2,5 Mio. Euro pro Jahr)
Bioaktionsplan 2.0 = insg. 9 Mio. Euro, damit wird auch eines der Bio-Außer-Haus-Verpflegungsprojekte finanziert (4,5 Mio. Euro in 2020 und 4,5 Mio. Euro in 2021)
Vorsorge GE „Insektenschutz BW“ – hier Erhöhung FAKT = insg. 10 Mio. Euro (4 Mio. Euro in 2020 und 6 Mio. Euro in 2021)
Ein Verbot chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel ab 2022 gilt nur für Naturschutzgebiete – unbillige Härten müssen abgefedert werden, dafür wird es Ausnahmegenehmigungen geben (vgl. Entwurf Volksbegehren - Verbot in Landschaftsschutzgebieten und Natura 2000 Gebieten zusätzlich).
Zielsetzung einer landesweiten Reduzierung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel bis 2030 um 40 – 50 % in der Menge (Vgl Entwurf Volksbegehren: 50 % in der Fläche und biologische Mittel eingeschlossen)
Ausbau Ökolandbau bis 2030 auf 30 – 40 % der Fläche unter Berücksichtigung der Marktentwicklung
Die Pflege und Bewirtschaftung von Streuobstwiesen werden gestärkt.
Ein Verbot von chemisch- synthetischem Pflanzenschutz in Privatgärten wird erlassen.
Ein Verbot von Schottergärten und Verpflichtung zu Blühflächen auf öffentlichen Flächen werden ausgesprochen
Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung müssen von Kommunen durchgeführt werden.
Die Wissensvermittlung und Forschung für eine nachhaltige Landnutzung werden gestärkt
Eine Eindämmung des Flächenverbrauchs wird im Gesetz berücksichtigt.
Ein Dialogforum Landwirtschaft und Naturschutz wird eingerichtet
Stand 25.06.2020