Sehr geehrter Herr Landrat Piepenburg, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren!
„Noch immer ist nicht nur die Pandemie das größte Problem, sondern der Klimawandel, der Verlust an Artenvielfalt - all die Schäden, die vor allem wir Europäer durch Übermaß der Natur antun.“
Mit diesem Zitat von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble möchte ich die diesjährige Rede zum Haushalt 2021 beginnen.
Das Jahr 2020 hatte gut begonnen, doch mit Macht wurden wir im Frühjahr von der Corona-Pandemie überrollt, die uns bis heute in Atem hält! Plötzlich fehlten Masken und Schutzbekleidungen und neue der Krankenhäuser zu.
Das Beschaffungsproblem ist zwischenzeitlich zwar gelöst, doch ungelöst ist nach wie vor die Sorge um das viel zu knappe Personal.
Dieses Problem ist kein Heilbronner Problem und muss langfristig und mit viel Bedacht gelöst werden. Das Berufsbild der Pflegeberufe muss unbedingt eine Aufwertung erfahren. Junge Menschen müssen wieder mehr für diese Berufsgruppe begeistert werden. Sie erwarten eine gute Bezahlung, eine intensive Ausbildung und eine besondere Wertschätzung. Das zu unterstützen, wo es nur geht, muss unser Bestreben sein. Es ist leider ein allgemeines gesellschaftliches Problem, dass die Pflegeberufe nicht mehr dieselbe Anerkennung finden wie vielleicht noch vor 20 Jahren, weil heutzutage ein cooler Job in der Wirtschaft anscheinend unter den Jugendlichen ein besseres Image hat.
Es erfüllt uns mit Sorge, dass die Ärztinnen und Ärzte und die Pflegekräfte am Limit arbeiten, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonders der Intensivstationen überlastet sind und teilweise sogar selbst erkranken. Die Stimmung unter dem Pflegepersonal ist nicht gut! Es wird eine fehlende Anerkennung durch bessere Bezahlung moniert, wofür wir Grünen Verständnis haben. Doch dass Tarife nicht einfach ausgehebelt werden können, ist auch klar. Wir danken all den Menschen, die sich während der Krise aktiv,
aufopferungsvoll und solidarisch im Berufsalltag eingebracht haben bzw. täglich noch einbringen. Halten Sie durch und bleiben Sie gesund!
Sorgen bereitet uns auch die Situation der Kinder und Jugendlichen, die durch die Coronakrise auf soziale Kontakte verzichten müssen. Die neuen Lerntechniken und der fehlende persönliche Kontakt zu den Freunden und zu den Lehrkräften werden Spuren hinterlassen. Die Presseberichte über Probleme in Familien, über Gewalt oder gar sexuelle Übergriffe müssen ernst genommen werden. Wir hoffen, dass die Beratungsstellen genügend Kapazitäten haben und bei Bedarf schnell auf Anfragen reagieren können.
Zusätzlich ist aufmerksames, nachbarschaftliches Verhalten im Alltag sehr wichtig und kann viel Unterstützung bieten.
Unter den Unwägbarkeiten von Corona einen Haushalt für das Jahr 2021 zu erstellen, war für unseren Kämmerer mit seinem Team eine große Herausforderung. Es wurde uns wieder ein übersichtliches und gut austariertes Zahlenwerk vorgelegt, dem wir im Großen und Ganzen zustimmen können. Dahinter verbirgt sich sehr viel Arbeit, und wir sprechen Ihnen, Herr Schuhmacher und ihrem Team, unsere Anerkennung und unseren Dank aus. Dass die Zahlen trotz Corona positiv ausgefallen sind, ist erfreulich, aber
die bekannten großen Investitionen werden in den kommenden Jahren den Kreishaushalt belasten und verändern. Langfristig zahlen sich diese Investitionen auf jeden Fall aus und stärken den guten Ruf unserer Schulen und unserer SKL-Kliniken.
Über alle Fraktionen hinweg besteht Einigkeit, dass die Planung für die Renovierung bzw. den Neubau des Berufsschulzentrums in Böckingen so zeitnah wie möglich umgesetzt werden muss. Bei der letzten Besichtigung war der Handlungsbedarf sehr offensichtlich.
Wie bei allen zukünftigen Entscheidungen müssen auch hier die Belange des Klimaschutzes eine wichtige Rolle spielen. So hat z.B. die Entscheidung des Standortes wichtige Auswirkungen auf den Straßenverkehr, denn die Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler müssen die Schule problemlos mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen können.
Neben all den Sorgen und Problemen der letzen Monate musste das Tagesgeschäft weitergehen.
Noch nie waren wir der Realisierung der Zabergäubahn so nah wie jetzt. Um den Straßenverkehr in der gesamten Region zu entlasten, ist der weitere Ausbau unseres Stadtbahnnetzes unabdingbar. Der nächste Schritt für uns Grüne ist ganz klar der Südzweig ins Zabergäu! Diese Maßnahme wird nun nach langem Hin und Her endlich vorangetrieben und die politischen Zeichen für eine Realisierung waren noch nie so gut wie heute. Immerhin kann mit dem Ausbau dieser Linie mehr als 50.000 Menschen ein zuverlässiges, staufreies Verkehrsangebot jenseits unserer verstopften Straßen angeboten werden, und wir können auch etwas für den Proporz der Regionen in unserem Landkreis tun. Wir müssen der hohen und vielfach geäußerten Erwartungshaltung bei der Verwirklichung des Südzweigs der Stadtbahn gerecht werden. Dies ist demokratische Pflicht der Landkreisverwaltung.
Denn: Zukunftsfähig sind nur solche Projekte, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden können!
Wir sind sehr gespannt, ob die zwei weiter genannten stillgelegten Bahnstrecken, die Schozach- und Bottwartalbahn sowie die Krebsbachtalbahn, ebenfalls aus dem Dornröschenschlaf geweckt werden können und hoffen auf einen guten Verlauf der zu führenden
Gespräche. Viele Pendler*innen und Schüler*innen sind auf die Zuverlässigkeit der Bundesbahn angewiesen, doch Zugausfälle und Verspätungen sind oft an der Tagesordnung, so dass das Verkehrsministerium den Druck auf die Bahn weiter erhöht hat.
Wir bitten auch für den Landkreis einen möglichen Einfluss auf die Bahn geltend zu machen.
Zum Glück gingen die Zahlen der geflüchteten Menschen zurück und viele Notunterkünfte konnten zurückgebaut werden. Die Anschlussunterbringung in den Kommunen war eine große Herausforderung und viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sind
seit Jahren vor Ort aktiv und versuchen die Integration zu erleichtern. Die Selbstverständlichkeit im täglichen Zusammenleben fehlt aber leider oft, und besonders viele junge Männer ohne Familienanschluss sind haltlos
geworden und auf Unterstützung angewiesen. Diese geflüchteten jungen Männer zu integrieren kann nur eine win-win-Situation darstellen. Wir hoffen sehr, dass aus Angst vor Ansteckung mit Covid 19 nicht weniger Hilfskontakte gepflegt werden als bisher.
Sollten sich die Unkenrufe von vielen namhaften Wissenschaftlern bestätigen, so könnte aus Klimagründen bald eine neue, noch größere Flüchtlingswelle ins Rollen kommen.
Deshalb müssen wir alles tun um unseren Beitrag zu leisten, die weitere Erderwärmung zu stoppen. Wir möchten daher dringend um die Unterstützung unseres Antrags werben, dass in Zukunft alle Entscheidungen des Landkreises unter Beachtung des Klimaschutzes getroffen werden. Ein Aktionsplan mit klaren Zielen soll erarbeitet werden, damit wir im Landkreis Heilbronn bis zum Jahr 2035 die im UN-Klimaabkommen vereinbarten Ziele erreichen werden. Die junge Generation hält uns seit Monaten den Spiegel vor und zeigt auf, was wir versäumt haben. Greta Thunberg hat viele Jugendliche aufgerüttelt, die nun Taten sehen wollen. Die Eisberge und Gletscher sind zwar weit weg vom Landkreis Heilbronn, aber wir sind dennoch mit verantwortlich für deren Verschwinden.
Die Schaffung von drei Stellen für den Bereich Umwelt- und Klimaschutz soll es der Landkreisverwaltung ermöglichen, aktiv Projekte zur CO2-Reduzierung im Landkreis Heilbronn anzugehen. Jede Beschaffung, sei es nur ein Blatt Papier oder ein Kugelschreiber, hinterlässt einen ökologischen Fußabdruck, und kann so oder auch anders getätigt werden, wenn nicht nur der Gedanke nach dem billigsten Produkt entscheiden muss. Wie ist der Fuhrpark ausgestattet? Wie kommen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Arbeit? Wo können wir eigenen Strom gewinnen? Wie können durch Digitalisierung Einsparungen erreicht werden? Dieser Katalog kann unendlich erweitert werden.
In den letzen Monaten hat sich gezeigt, wie wichtig verlässliches Internet ist. Schulunterricht, Heimarbeitsplätze, Vernetzung von Firmen usw. – all das kann nur funktionieren, wenn auch das Internet schnell und zuverlässig funktioniert. Deshalb bitten wir die Verwaltung weiterhin dringend um die notwendige Unterstützung, damit auch die letzte ländliche Region mit schnellem Internet ausgestattet wird. Die Recyclinghöfe sind zwar ein beliebter Kommunikationsort, weil sich zu den Öffnungszeiten dort sehr viele Bürgerinnen und Bürger treffen. 10 bis 20 Autos stehen zum Beispiel in Leingarten meistens gleichzeitig im und vor dem Hof, das summiert sich ganz schön über den Tag. Es werden aber immer mehr Menschen immer älter und werden weniger mobil. Für sie bedeutet das Bringsystem eine sehr große Belastung. Dass hier eine andere, bedarfsgerechte Lösung untersucht werden muss die gleichzeitig weniger Schadstoffe verursacht und eine noch bessere Wertstoffgewinnung, ist unser Ziel. 5 neue Amtsleiterstellen wurden bzw. werden aus Altersgründen im Landratsamt noch umbesetzt. Dieser Generationenwechsel ist ein kleiner Sturm. Dass uns auch unser Landrat verlassen wird, gleicht eher einem Hurrikan. Sie, Herr Piepenburg, erfahren große Wertschätzung, und jeder Nachfolger – es könnte auch eine Nachfolgerin sein – wird es schwer haben, den eigenen Stil zu finden und zu prägen. Doch noch sind Sie im Amt, und wir wünschen Ihnen alles Gute für die letzen Monate. Auch den neu gewählten Amtsleiterinnen und Amtsleitern wünschen wir ein gutes Händchen und zukunftsorientierte Entscheidungen. Doch das allerwichtigste in diesen ungewissen Zeiten ist die Gesundheit.
Deshalb wünsche ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen des Kreistags, sowie der gesamten Verwaltung gute Gesundheit und frohe Aussichten auf das Jahr 2021.
Vielen Dank.
Brigitte Wolf